Rebellion der Jugend: Wie die Gen Z Autokraten stürzt
Shownotes
In immer mehr Ländern weltweit geht die junge Generation auf die Straße. Sie hat genug von Korruption, Misswirtschaft und alten Eliten. In mehreren Ländern kam es im Zuge der Proteste zu Umstürzen. Wir fragen, woher die Wut der Generation Z kommt und wie viel Macht sie hat.
Wir sprechen mit der Politikwissenschaftlerin Nina-Kathrin Wienkoop vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung in Berlin und Christoph Hein, der F.A.Z. PRO Weltwirtschaft verantwortet.
Host: Sandra Klüber
[Warum die Gen Z auf die Barrikaden geht] ([https://www.faz.net/pro/weltwirtschaft/weltwissen/gen-z-meldet-sich-zu-wort-warum-eine-ganze-generation-auf-die-barrikaden-geht-accg-110721256.html]](https://www.faz.net/pro/weltwirtschaft/weltwissen/gen-z-meldet-sich-zu-wort-warum-eine-ganze-generation-auf-die-barrikaden-geht-accg-110721256.html])
[Proteste in Madagaskar] (https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/umsturz-in-madagaskar-putsch-amtsenthebung-und-absetzung-110733248.html))
[Proteste in Marokko] (https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/nach-gen-z-protesten-marokkos-koenig-fordert-reformen-accg-110728755.html))
[Proteste in Peru] (https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/gewalt-in-peru-praesidentin-boluarte-wird-abgesetzt-110726230.html))
[F.A.Z. PRO Weltwirtschaft] (https://aktion.faz.net/faz-pro-die-neue-weltordnung?campID=INT-IPe2500003394&gadsource=1&gadcampaignid=23095030703&gclid=EAIaIQobChMI--XgvsWrkAMViZODBx0PthQuEAAYASAAEgJiAfD_BwE))
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Transkript anzeigen
00:00:04: Hallo Klaus.
00:00:05: Hallo Sandra.
00:00:06: Schön,
00:00:06: dass du da bist.
00:00:07: Ja,
00:00:07: danke schön.
00:00:08: Normalerweise beschäftigen wir uns ja hier in Machtprobe ganz intensiv mit einem Land oder mit einem Konflikt.
00:00:16: Das sieht heute ein bisschen anders aus, ne?
00:00:18: Ja, es ist eine spannende Geschichte.
00:00:21: Diese Protestbewegung, diese transkonzentrale Protestbewegung der Generation Z, die zeigt, in wie vielen Ländern in Ländern, die wir heute mit globalem Süden beschreiben, welcher soziale Sprengstoff sich angesammelt hat.
00:00:35: Und das Sprengstoff sozusagen explodiert jetzt zur gleichen Zeit rund um die Welt.
00:00:41: Ja, der Sprengstoff, der in diesem Thema steckt, den hast du gerade wunderbar schon zusammengefasst, denn es ist einfach... Ordentlich was los in den verschiedensten Ländern auf der Welt.
00:00:49: Wir hören es hier gerade im Hintergrund.
00:00:51: Zum Beispiel in Marokko geht eben eine ganze Generation gerade auf die Straße.
00:00:56: Die jungen Menschen lassen ihre Wut raus, denn sie haben genug von Korruption, von Ausbeutung von den alten Eliten in ihren Ländern.
00:01:04: Und das ist eben ein Phänomen auf verschiedenen Kontinenten sogar.
00:01:08: In Nepal gab es ganz, ganz große Proteste auch.
00:01:13: Madagaskar, Peru.
00:01:17: Und dieser Protest, der ist natürlich wiesig für die junge Generation, die Gen-Z gehört, organisiert im Netz, findet aber ganz klassisch auf der Straße statt und hat durchaus bemerkenswerte Folgen schon gehabt.
00:01:30: Einige Regierungen sind tatsächlich schon gestürzt.
00:01:33: Was haben diese Proteste in so unterschiedlichen Ländern gemeinsam?
00:01:36: Wollen wir heute mal zusammen ergründen und woher diese Wut kommt und
00:01:41: wie groß
00:01:41: die Macht der Gen-Z eigentlich ist?
00:01:45: Das ist unser Thema heute bei Machtprobe, dem Auslands-Podcast der FAZ, an diesem Samstag, den Eightzehnten Oktober.
00:01:53: Mein Name ist Sandra Klüber.
00:01:54: Und ich bin Klaus Dieter Frankenberg.
00:01:56: Ja, unser langjähriger Außenpolitik-Chef.
00:01:59: Freu mich sehr, dass du da bist und mit mir gemeinsam durch diese Sendung führst.
00:02:02: Denn letztlich ist es ja auch so ein bisschen ein Generationenthema.
00:02:06: Und wir sind beide nicht Generationen Jamesy, aber auch nochmal aus unterschiedlichen Generationen und haben dafür vielleicht auch nochmal einen anderen Blick aufs Thema.
00:02:20: Ja Klaus, wir haben es gerade schon in der Anmoderation angerissen.
00:02:24: Diese Proteste, die flammen an den unterschiedlichsten Orten in der Welt auf.
00:02:29: Gibt es denn ein Land, wo du besonders aufgemerkt hast, als du gehört gelesen hast, dass es dort zu solchen massiven Jugendprotesten kommt?
00:02:37: Es ist tatsächlich Marokko.
00:02:40: Warum?
00:02:42: Marokko ist eigentlich nicht ganz unerfolgreich in der Wirtschaft in den vergangenen Jahren gewesen.
00:02:48: Wer weiß in Deutschland, dass Marokko nach Europa mehr Autos exportiert als China beispielsweise.
00:02:55: Es ist ein Land, das aus dem arabischen Frühling, der in vielen Ländern verheerende Konsequenzen hatte, muss man so sagen, glimpflich davon gekommen ist.
00:03:05: Und jetzt entlädt sich die Wut vieler junger Menschen.
00:03:11: Auslöser ist sozusagen eine medizinische Ungenügendheit.
00:03:15: Mehrere Frauen, die entbinden wollten in einer Klinik, haben das nicht überlebt.
00:03:21: Es fehlte die Medikamente, es fehlte die Infrastruktur.
00:03:25: Gleichzeitig will Marucco Fußballwettmeisterschaften mit ausrichten, baut Stadien und das ist sozusagen das vernahlgewesende Auslöser.
00:03:36: Wir haben falsche Prioritäten und das ist die Wut, die sich entlädt und gegen die Herrschenden richtet und wir werden sehen, was da aus passiert.
00:03:46: Aber lass uns nochmal zusammenfassen, in welchen Ländern ist jetzt überhaupt auch noch zu solchen Protesten gekommen ist in den vergangenen Wochen oder Monaten?
00:03:55: Es ist ja auch nicht ganz... Trennscharf definiert.
00:03:58: Manches hat schon
00:03:58: vor ein paar Jahren begonnen.
00:03:59: Richtig.
00:04:00: Es ist immer die Frage, wo zieht man irgendwie
00:04:01: die Linie?
00:04:02: Sri Lanka, Bangladesh im vergangenen Jahr.
00:04:05: Nepal, ganz klar.
00:04:05: Das hat ja für ganz viel Aufsehen gesorgt in den vergangenen Wochen.
00:04:10: Dort, unter anderem, ist ja auch die Regierung tatsächlich gestürzt worden im Zusammenhang mit den Protesten.
00:04:15: Indonesien, Timor Leste, die Philippinen, Bangladesh.
00:04:20: Das alles auf dem asiatischen Kontinent.
00:04:23: und dann eben Marokko, ganz klar, da haben wir schon drüber gesprochen.
00:04:26: Madagaskar, ganz aktuell eben auch, der Präsident ins Ausland geflohen und jetzt ersetzt worden, durch erstmal eine Militärübergangsregierung.
00:04:36: In der Mongolei, wenn ich das nur gerade einfügen darf, wurde auch der Ministerpräsident zum Rücktritt gezwungen.
00:04:42: Da war auch, ging es auch um die Zerschaustellung von Reichtum und von Wohlstand der Kinder, der der Elite, und das hat vielen überhaupt nicht gepasst, das hat vielen überhaupt nicht gefallen, ist zurückgetreten.
00:04:56: Und Kenia zählt man eben auch noch dazu, da gab es im vergangenen Jahr große Proteste.
00:05:03: Peru, manche zählen auch Serbien noch dazu.
00:05:06: Auch da gab es große Protestwellen, nachdem dort das Bahnhofsvordach eingestürzt ist mit vielen Toten.
00:05:12: eben auch ein Produkt von Misswirtschaft und Korruption.
00:05:16: Man braucht, wie das Beispiel Serbien zeigt, ein Auslöser.
00:05:20: Furchtbar sind viele Menschen ums Leben gekommen und dann entlädt sich der Protest, der sich über Jahre vielleicht sogar Jahrzehnte aufgestaut hat, der richtet sich gegen eine Elite, die tatsächlich oder vermeintlich korrupt ist.
00:05:32: Ein Auslöser.
00:05:33: Und wie man bei uns in Hessen sagt, dann rappelt's.
00:05:35: Ja, der bringt dann das Fass zum Überlaufen.
00:05:39: Aber noch mal kurz überhaupt auf die Definition.
00:05:41: Was zählen wir zu diesen Protesten dazu?
00:05:43: Es ist nicht ganz trennscharf natürlich.
00:05:45: Ich glaube, auf einige Länder können wir uns ganz klar verständigen.
00:05:48: Und ich habe aber natürlich mich auch gefragt, wo das Ganze eigentlich seinen Ursprung genommen hat.
00:05:53: Und darüber habe ich jetzt vor unserem Gespräch mich unterhalten mit unserem Kollegen Christoph Hein, der bei uns den wöchentlichen Newsletter FAZ pro Weltwirtschaft verantwortet und gerade dafür einen sehr großen Text geschrieben hat über die Proteste der Gen Z. Und er sieht das so.
00:06:13: Ich sehe immer noch einen Ursprung in Sri Lanka.
00:06:16: Das war kein Jugendprotest, aber da hat es eben ein Volk geschafft, sich zu befreien von einem autokratischen System, was durch Korruption tief geprägt war und das Land über Jahrzehnte ausgebeutet hat.
00:06:30: Diesen Umsturz hat man in Asien sehr, sehr genau wahrgenommen.
00:06:34: Danach folgten Proteste in Pakistan.
00:06:37: Daraus ist nichts geworden, aber da hätte ich auch gegen ein nahezu Militärregime angehen müssen.
00:06:41: Das ist eine ganz andere Situation nochmal.
00:06:43: Aber in Nepal, in Indonesien, wo wir eben in diesem Jahr dann Proteste haben und hatten, wurde auch schon Bezug auf Sri Lanka genommen.
00:06:51: Jetzt sieht das etwas anders aus.
00:06:53: Bei den momentanen Protesten sind es halt wirklich die nachwachsenden Jugendlichen.
00:06:58: in Sri Lanka,
00:06:59: wo ich
00:06:59: dabei war, mehrfach war es schon noch eine Bevölkerung, die mit großer Trauer und Entsetzen feststellte, dass ihre Kinder schlicht ins Ausland gehen, um noch Chancen zu heben.
00:07:11: In Nepal ist es so, dass einfach die, die vor Ort sind, die da leben müssen, die auch nicht rausgehen können, auf die Straße gehen und sagen, genug ist genug.
00:07:21: Was, Christoph Heinen?
00:07:22: beschrieben hat, finde ich sehr interessant, weil er jetzt zeigt, dass von einer allgemeinen Protestbewegung wie in Sri Lanka, dass das übergehen kann in einen generationsspezifischen Protest.
00:07:33: Und ich würde sagen, das kann auch wieder zurückgehen.
00:07:35: Das geht schon weiter in Marokko.
00:07:37: Ist sozusagen der Kreis derer, die protestiert, fängt jetzt langsam an zu wachsen und wird von einer generationsspezifischen Protestbewegung zu einer übergreifenden, fast klassenkämpferischen Formation.
00:07:53: Es gibt einfach ganz viele Gemeinsamkeiten, die sich einfach erkennen lassen in den verschiedenen Ländern.
00:07:59: Was jetzt eben die Mobilisierung angeht, der Proteste, wie du es sagst, aber natürlich auch die Organisationsstruktur der Proteste.
00:08:05: Wir sehen viele Gemeinsamkeiten in den Voraussetzungen, die gegeben waren in den Ländern, damit diese Proteste überhaupt aufgeflammt sind.
00:08:15: Natürlich sind das erst mal länderspezifische Probleme, mit denen wir es hier zu tun haben, ganz klar, und die sich auf individuelle Probleme in den Ländern beziehen.
00:08:26: Und deshalb habe ich vor diesem Podcast mit dir auch ein langes Gespräch geführt mit einer Protestforscherin, mit Nina Kathrin Wienkob.
00:08:35: Sie forscht am Institut für Protest- und Bewegungsforschung in Berlin.
00:08:40: Von ihr wollte ich wissen, was sie an diesen Jugendprotesten, die wir im Moment erleben, eigentlich besonders bemerkenswert findet.
00:08:47: Ich habe selber zu Jugendöwigungen umoviert, bis zum Jahr zwanzig vierzehn bis zwanzig neunzehn.
00:08:53: Und da waren es tatsächlich Jugendproteste in Burkina Faso und im Senegal, wo es auch tatsächlich zu Regimewechsel kam.
00:08:59: Also insofern für mich erst mal gar nicht ein so neues Phänomen.
00:09:02: Das ist vielleicht so mein erster wissenschaftlicher Blick darauf, dass mich jetzt auf eine gewisse Weise auch nicht so überrascht.
00:09:07: Überraschend ist vielleicht, wie stark, wie hier wirklich sehen, dass es in verschiedenen Ländern parallel passiert, also diese hohe Parallelität, wo wir in der Forschung tatsächlich auch davon sprechen, wobei das müsste sich jetzt, das ist jetzt noch nicht natürlich untersucht, das müsste sich nochmal genauer systematischer angeschaut werden.
00:09:24: Letztendlich wäre bei meiner Vermutung, es gibt eine Art transnationalen Mobilisierungsinfekt.
00:09:29: Also es gibt Ich mein, locker ausgesprochen, eine Art Ansteckung auch, die sich gegenseitig daraus ergibt.
00:09:36: Nina Wienkopf sagt, dass es kein globales Phänomen ist, zumindest in wissenschaftlicher Sicht, sondern es ist ein schöner wissenschaftlicher Ausdruck, einen transnationalen Mobilisierungseffekt gibt, den sie sieht.
00:09:52: Also quasi jetzt mal auf gut Deutsch gesagtem Lauffeuer.
00:09:55: Ja, wir haben es mit ... Protesten auf drei Kontinenten zu tun.
00:10:00: Also gibt es eine Art von überschwappender Kommunikation.
00:10:03: Aber das kann sich nicht nur entwickeln als Lauffeuer, wenn überall zunter ist.
00:10:09: Also wenn sozusagen die sozialen Probleme überall eine gewisse Vergleichbarkeit haben und gleichzeitig explosiv sind.
00:10:16: Der Kern ist fast immer derselbe.
00:10:20: Wahnsinnige Korruption, soziale Ungleichheit, Nepotismus, Kleptokratie, offensichtliche Mängel in der sozialen Infrastruktur, in der Daseinsfürsorge und eine herrschende Elite, die ihren Luxus auf geradezu optionerweise zur Schau stellt.
00:10:40: Minimum auf drei Kontinenten haben wir ähnliche Eruptionen im Moment und die haben etwas gemeinsam.
00:10:50: Ja, und bevor wir uns das nochmal genauer anschauen, ist es, glaube ich, eine gute Idee, sich mal ein Land genauer anzuschauen, um einfach zu verstehen, wie sich so ein Protest einfach entwickelt, unterhochschaukelt.
00:11:03: Und das hat unser Kollege Michael Götz mal für uns zusammengefasst, am Beispiel von Marokko und den Protesten der Jensie to one
00:11:13: two dort.
00:11:14: Ein Video, das die maurokanischen Sicherheitsbehörden online gestellt haben, zeigt die Ereignisse am Abend des ersten Oktober.
00:11:21: Man sieht nicht nur eine statische Kameraansicht, sondern einen Zusammenschnitt aus verschiedenen Perspektiven außerhalb und innerhalb einer Polizeistation in der Nähe von Agadir.
00:11:31: Zunächst sieht man wie protestierende Müllcontainer vor das Gitter schieben, das den Eingang schützen soll.
00:11:36: Sie versuchen Feuer zu legen, schließlich reißen sie das Gitter aus seiner Verankerung.
00:11:40: Wechsel in das Innere der Station.
00:11:42: Ein Schalterbereich hinter dem zwei uniformierte Entdeckung stehen.
00:11:45: Ein weiterer Polizist mit weißem Helm schießt mit einem Gewehr aus einer Türöffnung.
00:11:50: Das Mündungsfeuer ist klar zu sehen.
00:11:52: Ein zweiter feuert offenbar Tränengas ab.
00:11:55: Schnitt auf die Außenansicht.
00:11:57: Offenbar brennt es jetzt doch.
00:11:59: Flammen lodern am Eingangstor-Impor.
00:12:01: Schwarzer Qualm füllt die komplette rechte Bildhälfte.
00:12:05: Schnitt?
00:12:06: Zwei Linienbusse und ein Transporter treffen ein.
00:12:08: Offenbar weitere Polizeikräfte.
00:12:12: In der fünften Nacht der Proteste in Marokko kommt es zu den bis dahin stärksten Gewaltausbrüchen.
00:12:17: Drei Menschen sterben durch die Schüsse an der Polizeistation.
00:12:20: Laut Behörden werden allein in dieser Nacht über zweihundert Polizisten und mindestens dreiundzwanzig Zivilisten verletzt.
00:12:26: Der Auslöser?
00:12:27: Acht Frauen sterben innerhalb einer Woche auf der Geburtsstation eines staatlichen Krankenhauses in Agadir an den Folgen von Kaiserschnittoperationen.
00:12:34: Ein Symbol für die Krise des Gesundheitssystems in Marokko.
00:12:43: Die Menschen auf der Straße fordern Krankenhäuser statt Stadien.
00:12:47: Zwanzig-dreißig wird in Marokko die Fußball-WM ausgetragen.
00:12:50: Die Proteste breiten sich aus.
00:12:52: Jeden Abend gehen hunderte junge Menschen auf die Straße.
00:12:55: In mehreren Städten eskaliert die Lage.
00:12:58: Hinter der Bewegung stehen junge Menschen der Generation Z. Sie nennen sich Jensy Two One Two.
00:13:04: Zwei Eins Zwei.
00:13:05: Das ist die Ländervorwahl von Marokko.
00:13:08: Ein loses, anonymes Kollektiv, das sich online organisiert.
00:13:11: Erst auf Discord, dann auf TikTok.
00:13:13: Eigentlich lehnen sie gewaltsträgt ab und stellen klare Forderungen.
00:13:17: Bessere Gesundheitsversorgung, ein funktionierendes Bildungssystem, mehr Jobs, bezahlbare Wohnungen.
00:13:23: Ein Ende der Korruption.
00:13:25: Und der Regierungschef Asis Achanouche soll zurücktreten.
00:13:30: Die Bewegung verlangt, dass die Regierung Verantwortung übernimmt.
00:13:34: Die wirtschaftliche Situation ist Paradox.
00:13:36: Marokko boomt.
00:13:37: Tourismus, Autoindustrie, erneuerbarer Energien.
00:13:40: Das Land rüstet für den Afrika-Cup im Dezember und eben auch für die Fußball-WM-二zig-dreißig.
00:13:46: Milliarden fließen in Stadien und Infrastruktur.
00:13:49: Trotzdem sind viele junge Menschen arbeitslos und viele denken ans Auswandern.
00:13:59: Am vergangenen Freitag eröffnet König Mohammed VI.
00:14:02: die Sitzungsperiode des Parlaments.
00:14:05: Er erwähnt zwar weder die Proteste noch das dahinterstehende Kollektiv, aber er greift deren Forderungen auf.
00:14:11: Soziale Gerechtigkeit, Arbeitsplätze, Gesundheit und Bildung.
00:14:15: Jensy two one two reagiert und legt am Wochenende eine vorübergehende Pause ein.
00:14:21: Die Forderungen bleiben.
00:14:23: Reformen, Verantwortung und ein Wechsel an der Regierungsspitze.
00:14:28: Ja und diese Pause, die scheint jetzt aber auch schon wieder beendet zu sein.
00:14:33: Ja und an diesem Samstag werden wir große Demonstrationen haben in vielen Städten, das wird von zwölf Städten geredet, da.
00:14:40: der Aufruf, den die Protestorganisatoren an die Bevölkerung gerichtet haben, verstärkt noch einmal ihre Forderungen, angemessene Gesundheitsversorgung.
00:14:54: hochwertiger Bildungseinrichtungen, gute Ausbildung, Arbeitsplätze für die junge Bevölkerung.
00:15:00: Ja, wenn wir hier über Marokko beispielsweise gerade sprechen, da dringt sich natürlich... Wir hatten es ja auch schon kurz angerissen, der Vergleich mit dem Arabischen Frühling auf.
00:15:10: Eine ganz große Protestbewegung, damals natürlich auf den Arabischen Raum, beschränkt.
00:15:15: Zwei Tausend Elf.
00:15:17: Zwei Tausend Elf hat begonnen in Tunesien, fast vor fünfzehn Jahren, im Dezember, durch auch eine Art Sozialprotest eines Gemüsehändlers, eines Obstverkäuvers in Tunesien mit weitreichenden, auch kontinente, übergreifenden Konsequenzen.
00:15:32: Ja.
00:15:33: An Marokko ist das ganze damals relativ spurlos vorbeigegangen.
00:15:36: Kann man da irgendwelche Lehren mitnehmen?
00:15:38: Ja, irgendwann reicht es nicht mehr, dass der König als oberste Autorität zumäßigung und Ruhe aufruft, sondern es entlädt sich dann, wenn von vielen, von vielen hunderttausend, etwas als groteske Verzerrung.
00:15:54: aufgefasst wird, als ein groteskes Unrecht, das aus ihrer Sicht an ihnen begangen wird.
00:16:01: Und diese groteske Verzerrung ist, ich habe es vorhin schon mal gesagt, man baut moderne Stadien, wählt bei der Fußball-Weltmeisterschaft ein anständiges, modernes, technologiefreundliches Land des XXI.
00:16:15: Jahrhunderts sich darstellen und gleichzeitig liegt vieles, vieles, vieles im Argen.
00:16:20: Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den du da ansprichst.
00:16:22: Es gibt einfach so einen Eklatanten, eine Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung dieser Länder, einer Außenwahrnehmung, einer Innenwahrnehmung, der Wahrnehmung von oben und von unten.
00:16:34: Und das hat eben auch Christoph Hein mir nochmal im Gespräch gesagt.
00:16:38: Marokko vermarktet sich gerade weltweit zum Beispiel als neuer Automobil Produktionsstandort.
00:16:44: Sie wollen Inder wie Tata anziehen, sie wollen die Chinesen anziehen zu produzieren.
00:16:50: Und wir haben bei FAZ Pro Weltwirtschaft unseren wöchentlichen Newsletter vor nicht allzu lange Zeit ein Interview gehabt mit einem marokkanischen Minister.
00:16:58: Ich entsinn mich gut daran.
00:17:00: Er versucht hat uns Marokko als den Zukunftsstandort auch für die europäische Fertigung mit Billiglöhnen und tollen Möglichkeiten zu verkaufen.
00:17:09: in Anführungsstrichen.
00:17:10: Er hat starke Werbung dafür gemacht.
00:17:12: Und das steht natürlich im Gegensatz zu dem, was in seinem Land nun passiert.
00:17:16: Da zeigt sich wieder mal, wie unterschiedlich die Wahrnehmung ist.
00:17:20: Der eine verkauft sein Land als zukünftigen Produktionsstandort für europäische Firmen mit niedriglohn, aber verlässlicher Produktion und regionaler Nähe und die anderen gehen auf die Straße, weil vierzig Prozent Jugendarbeitslosigkeit herrschen.
00:17:35: Und das illustriert natürlich wunderbar den Gegensatz zwischen dem Blick von oben und von unten und damit auch den Grund für diese Proteste.
00:17:44: Ich glaube, das sind Nicht nur Wahrnehmungsunterschiede, das sind unterschiedliche Realitäten.
00:17:49: Also beide Realitäten existieren.
00:17:52: Jedenfalls ist das diese große Kluft einer der Gründe, warum jetzt so viel Protest.
00:17:58: auf der Straße ist.
00:17:59: Ja, und ausgerechnet eben auch von der jungen Generation, wenn wir hier von vierzig Prozent Jugendarbeitslosigkeit hören.
00:18:05: Ja, dann wird man nicht sagen ausgerechnet, wer sonst?
00:18:07: Ehrlich gesagt, wenn ich diese Leute, die aus den Schulen, aus den Hochschulen, aus den sonstigen Ausbildungsstätten auf den Arbeitsmarkt strengen und eben keine realistische Perspektive haben, dort untergebracht zu werden.
00:18:20: Und was machen diese jungen Leute?
00:18:22: Gehen über die Straße von Gibraltar und kommen nach Europa.
00:18:25: Viele jedenfalls.
00:18:27: Wenn wir hier über die jungen Leute sprechen, dann würde ich gerne meinen kleinen Exkurs mit dir machen in die Generationen, die wir hier überhaupt definieren.
00:18:39: Denn die Generation Z, die Gen Z ist es, die hier im Moment auf die Straße geht.
00:18:45: Das ist quasi die Generation von nineteenhundertfünfundneinzig, den Jahrgängen bis zwei tausendzehn, also die... Jungen Erwachsenen, Jugendlichen.
00:18:54: Das ist die Gen Zee.
00:18:57: Was bist du denn für eine Generation, Klaus?
00:18:58: Dürfen wir das dir auch verraten?
00:19:00: Ja, nein, nein.
00:19:02: Ich bin Baby Boomer.
00:19:03: Du bist ein klassischer Baby Boomer, ganz genau.
00:19:06: Und ich oute mich an der Stelle mal als Millennial.
00:19:09: Das ist die Generation eben, die vor der Gen Z kommt, also, äh, achtziger Jahre bis Mitte der neunziger Jahre.
00:19:16: Und dann gibt es aber auch noch, das ist, ehrlich gesagt, ein Begriff, der mir neu war, die Gen Silent.
00:19:23: Weißt du, welche Generation das ist?
00:19:26: Nein.
00:19:26: die Generation, die vor den Baby-Boomern kommt, noch, also die ...
00:19:30: Die Nachkriegsgeneration.
00:19:31: ... die
00:19:31: Zwangsigan und bis fünfundvierzig geboren.
00:19:34: Wir haben auch noch die Gen X, natürlich.
00:19:37: Das ist dann die Generation zwischen den Baby-Boomern und den Millennials.
00:19:43: Dann, wie gesagt, die Gen Z, die im Moment hier auf die Straße geht, weltweit.
00:19:48: Und Gen Z, also Generation Z danach.
00:19:53: Kommt ja nix mehr im Alphabet.
00:19:55: Die ganz junge Generation, die ist dann die Gen Alpha.
00:19:58: Also, alle ab zwei Tausend Zehen geboren sind.
00:20:00: Da wechselt man dann ins griechische Alphabet, weil mit Z sind wir am Ende angelangt.
00:20:04: Gut, das habe ich jetzt gelernt.
00:20:05: Da kann ich jetzt mit meiner enkeligen Töchter mit Generation Alpha begrüßen.
00:20:10: Ja, und über die Gensie, über die wir ja heute sprechen, da gibt es ja auch ganz, ganz viele Vorurteile, denen werden ja oft ganz schlechte Eigenschaften nachgesagt, fallen dir da typische Gensie-Vorurteile ein und wurdest du da auch schon oft eines Besseren belehrt?
00:20:27: Hedonistisch, iPhone, was sagt man?
00:20:34: Süchtig.
00:20:35: Instagram süchtig, TikTok süchtig, damit... wenige Aufmerksamkeit für andere Dinge, dann gleichzeitig ist sozial vielleicht einsam.
00:20:46: Das sind die Dinge, die man häufig jetzt hört und die zum Teil in zogarklinisch auffallen, muss man sagen.
00:20:55: Gleichzeitig aber auch, finde ich, modern, interessiert an der Welt.
00:21:00: Also ich finde das nicht nur negative Stereotypen mit dieser Generation verbunden sind, aber natürlich... wächst diese Generation mit anderen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten auf.
00:21:14: Das definiert ihr soziales Verhalten, das definiert ihren politischen Blick auf die Welt und das definiert auch und bestimmt auch die Art und Weise, wie sie politisch und sozial interagieren innerhalb der Generation, Generationenübergleichen und auch ihre Haltung zur Politik.
00:21:31: Ganz genau.
00:21:32: Deshalb ist es nämlich auch tatsächlich wichtig, sich mit Generationen zu beschäftigen, nicht nur hier mit einem Augenzwinkern, wie wir das jetzt gerade gemacht haben, sondern es ist tatsächlich einfach wichtig, solche Generationenbegriffe zu haben, um eben auch das Verhalten der Menschen besser verstehen zu können.
00:21:47: Der
00:21:47: Generationenbegriff wird auch immer wieder diskutiert.
00:21:49: Und wiefern zeigt sich das?
00:21:50: Natürlich ist jede Generation trotzdem sehr divers in sich selbst getragen.
00:21:54: Aber was wir schon sehen ist, dass natürlich gewisse Ereignisse oder auch Entwicklungen Generationen unterschiedlich prägen.
00:22:01: Also, ob ich mich jetzt als ich zum Beispiel jetzt selber als Schülerin dran zurück erinnern kann an die Anti-Iraks-Kriegsdemonstrationen.
00:22:11: oder ob das etwas ist, was mich gar nicht geprägt hat, weil ich damals vielleicht noch nicht geboren war oder weil ich wiederum schon aus der Schule raus war und es gar nicht so stark an mich herankam.
00:22:20: Also sprich, es geht bei Generationen immer darum, dass es bestimmte Ereignisse gibt, bestimmte Entwicklung, die eine Generation ähnlich durchmacht.
00:22:29: Klaus, würdest du denn sagen, dass du aus einer sehr politischen
00:22:34: Jugend
00:22:35: kommst?
00:22:35: War deine Generation in der Jugend sehr politisch?
00:22:38: Also ob wir als ... als soziale Gruppe politisch waren im Sinne von aktiv und das weiß ich nicht, aber wir waren auf alle Fälle geprägt noch von den Ausläufern der Achtundsechziger-Bewegung auf jeden Fall im Schulunterricht.
00:22:55: In der Diskussion, das ginge dann mit dem Wertewandel waren wir konfrontiert und das ging dann auch über in große Protestmanifestationen, Umwelt, Atom.
00:23:07: Die Grünen kamen so langsam vor und dann auch den deutschen Herbst in den siebziger Jahren Terror und so weiter.
00:23:13: Also ich würde sagen, das war auch eine aufgewühlte Zeit, wo in der politische Forderung zentral waren, wo Jugendprotest in große Fragestellungen mündete.
00:23:28: Was ist Deutschland?
00:23:29: Bist du selber viel auf die Straße gegangen?
00:23:32: Hast du viel demonstriert als Jugendlicher?
00:23:37: Ich war einmal bei diesen großen damals in Bonn gewesen.
00:23:42: Natürlich die Startbahn West, ich komme da her aus Südhessen, der Bau spielte in der Region, in der Politik der Region eine enorme Rolle.
00:23:54: Ich weiß nicht, dass meine Eltern dort waren, aber das war ein Thema, die über Jahre uns hinweg begleitet haben.
00:24:02: Ob man nur selbst demonstriert oder nicht, ist mal unabhängig.
00:24:05: Aber die spielte für die Politik und die politische Kultur in diesen Regionen, in dem zentrale große Projekte errichtet werden soll, damals mit einer gewissen Skeptis von der Bevölkerung begleitet, eine enorme Rolle.
00:24:18: Was definitiv... gar keine Rolle gespielt hat in deiner Jugend, ist das Internet.
00:24:23: Und auch in meiner Jugend hat das natürlich noch eine viel, viel kleinere Rolle gespielt als heute.
00:24:29: Und auch das ist natürlich ein ganz entscheidender Faktor, wenn wir über diese Jugendproteste sprechen, dass sie eben nicht nur auf der Straße stattfinden, sondern sie eben durch Social Media quasi ja auf einer Weltbühne stattfinden und zum Beispiel auch von jungen Menschen in ganz anderen Ländern wahrgenommen werden.
00:24:49: Dadurch, dass die anderen Bilder auch bekannt sind von den anderen Protesten und dort gesehen wird, okay, da ist ja was möglich, hat das so diesen Ansteckungsmotivationsmoment, gibt vielleicht Mut, es gibt Ideen, man kann voneinander lernen.
00:25:02: Vielleicht gibt es auch einen Austausch, vielleicht sind einige von denen wirklich persönlich vernetzt.
00:25:06: Das heißt, das spielt sicher zusätzlich eine Rolle, weswegen wir das jetzt auch... transnationaler sehen.
00:25:12: Was es aber trotzdem noch braucht, das ist ganz wichtig zu sagen, weil wir könnten jetzt ja sagen, also wir gucken jetzt ja auf die Länder, wo es überall passiert, wo überall mobilisiert wird, jetzt könnten wir auch sagen, naja, es gibt auch ganz viele Länder, wo die gleichen Themen relevant sind und da wird gerade nicht protestiert.
00:25:27: Ja, also quasi die Frage mal andersrum zu drehen.
00:25:30: Und dann sehen wir, was braucht es nämlich noch?
00:25:32: Neben diesen Gelegenheiten braucht es Person oder und Organisation, die sich so kollektiv organisieren können, die auch diese Mobilisierung.
00:25:41: Menschen müssen die Zeitressourcen haben, die Zugänge, die Informationen, die Netzwerke.
00:25:44: Und, und das ist tatsächlich auch für den Länder spezifisch, es braucht ein Framing.
00:25:49: Also ein Protest Framing, dass Menschen verstehen, warum lohnt es sich ausgerechnet jetzt, dass ich auf die Straße gehe?
00:25:54: Warum soll ich da hingehen?
00:25:55: Was bringt uns das?
00:25:56: Warum ist das wichtig?
00:25:57: Da reicht es nicht zu sagen, na ja, weil hier gibt es große socioökonomische Ungleichheiten, sondern es braucht mehr.
00:26:02: Es braucht auch eine Diagnose, eine Prognose.
00:26:04: Also von wegen Warum bringt es mir jetzt etwas?
00:26:09: den die Forscherin hier thematisiert, den halte ich für relevant und zwar extrem relevant.
00:26:14: Der Transmissionsleben, das ist eben die moderne Technologie, das ich sehe, es wird in Peru demonstriert, auch wegen Kriminalität, wegen Chaos im politischen System und das schwappt dann über in die anderen Szenarien.
00:26:29: Dafür ist das Internet, da sind die sozialen Kanäle ungeheurer wichtig.
00:26:35: Und wir haben es da überall mit Gesellschaften zu tun, die überdurchschnittlich jung sind und die von überdurchschnittlich alten Eliten regiert werden.
00:26:44: Das heißt, da ist natürlich diese Schere der Repräsentation noch viel größer als in anderen Ländern.
00:26:53: gefragt, ob das eigentlich dann so eine Art Generationenkonflikt letztlich ist im Kern.
00:26:57: Da hat mir die Protestforscherin allerdings wehment widersprochen und sagte, nein, das sei kein Generationenkonflikt.
00:27:04: Sie sieht da vielmehr eine Art Klassenkampf, also dass es da tatsächlich eben darum geht, um die Eliten gegen die normale breite Bevölkerung.
00:27:15: Und dass eben aber ausgerechnet die junge Generation, da jetzt so aktiv wird und der Kragen platzt, mal platzt gesagt, ist eben, weil sie eben kämpft für ihre eigene Zukunft und für bessere Zukunftschancen.
00:27:27: Und das sagt auch Christoph Hain.
00:27:29: All diese Jugendlichen haben natürlich auch hier wieder getrieben vom Internet große Träume.
00:27:34: Auch die sehen amerikanische Stars und Sternchen im Internet, auch die folgen Filmen, die sehen, was in Europa für Autos von Jugendlichen gefahren werden, etc.
00:27:44: selber sind konfrontiert mit einer Situation, wo irgendwann wahrscheinlich die Erkenntnisse heranwächst, hier geht es für mich nicht mehr weiter.
00:27:52: Ich bleibe immer in Verhältnissen, wo ich nicht mal einen Arbeitsvertrag kriege, sowieso keine Rente, kein festes Einkommen und hangeln mich irgendwie so am Rande des Überlebens durch, kann vielleicht in diesen Ländern noch wichtiger als bei uns keine Familie gründen, weil das Geld nicht reicht.
00:28:08: Und dann kommt natürlich die Frage, was nun?
00:28:10: Entweder arrangiere ich mich da, mit, wie das eben hunderte Millionen Inder beispielsweise tun müssen.
00:28:16: Oder ich suche direkt nach einem Schuldigen und wenn ich dann sehe, dass in anderen Ländern aus ähnlichen Gründen Leute auf die Straße gehen und sie es sogar schaffen, ein Regime über den Haufen zu werfen, dann mag das natürlich mobilisierend wirken.
00:28:32: Und auch da spielt das Internet natürlich eine riesige Rolle, denn früher hätte ich es gar nicht gemerkt und nicht gewusst.
00:28:37: Und was
00:28:37: wir hier sehen, ist, was Christoph Hein angesprochen hat.
00:28:41: die Globalisierung von Bildern, die Globalisierung von, wenn man so will, potenziellen Lebensstilen.
00:28:51: Die Menschen sehen überall, wie man in den nördlichen Ländern lebt, also in alten Europa, in den Vereinigten Staaten, in den Ländern, denen es den meisten Menschen noch sehr, sehr gut geht und das sieht jeder.
00:29:04: Das heißt, Erwartungshaltung werden geweckt, die Vereinheitlichen in gewisser Weise.
00:29:09: Und?
00:29:09: Das auch noch.
00:29:10: Sie sehen natürlich auch, wie die Eliten in ihren eigenen Ländern leben.
00:29:14: Sagt ihr der Begriff Nepo Baby eigentlich das?
00:29:17: Ja,
00:29:17: das sagt mir was.
00:29:18: Ich glaube, das spielt eine Rolle.
00:29:20: Das spart, glaube ich, in Indonesien.
00:29:22: Der Punkt, wo viele Leute, wo junge Leute aus sehr wohlhabenden Verhältnissen, sehr reichen Verhältnissen, also Kinder der Elite, ich habe das Wort vorhin schon mal benutzt, auf optione Weise diesen Reichtupen, den sie quasi mitbekommen, zu Schaustellen.
00:29:39: Dutzende, viele Dutzende, hunderte Millionen Menschen in vergleichsweise, vergleichsweise in Armut leben.
00:29:46: Genau, also das nur nochmal kurz für alle Leute, die vielleicht nichts mit dem Begriff anfangen können.
00:29:50: Nepo Babies oder Nepo Kinder auf Deutsch sind ja quasi Kinder, sehr privilegierter Eltern.
00:29:57: Das Nepotismus,
00:29:58: ne?
00:29:58: Ja,
00:29:58: die politische oder wirtschaftliche Elite zum Beispiel eines Landes und deren Kinder eben diese Privilegien... vererbt bekommen haben und ihren Reichtum dann oft jetzt eben im Internet sehr sehr prominent zur Schau stellen.
00:30:12: Und das verknüpft das, was ich vorhin gesagt habe, diesen Jogenprozess mit einem sozialen Kampf.
00:30:18: Du hast das Wort Klassenkampf gesagt.
00:30:21: Das ist der Link, sozusagen, das Verbindungslied davon.
00:30:24: Ich kenne sie sehr gut aus Asien, wo wir einfach Kinder von Milliardären haben, für die die Gesetze nicht gelten.
00:30:29: Es gibt Fälle in Bangkok, wo eine der reichsten Menschen, Thailand, ein Sohn hat, der an Polizisten nachts totgefahren hat mit einem Ferrari.
00:30:39: Und dafür nie belangt wurde, obwohl jeder weiß, wer es war, die Polizei das auch ermittelt hat.
00:30:43: Aber dann soll der Gärtner diesen Ferrari gefahren haben.
00:30:46: Und dieser Mensch sendet dann seit Jahren auf Facebook Bilder von Formel I Rennen, wo er Zuschauer im Teil nimmt oder aus Davos oder ähnliches.
00:30:56: Das klingen die Leute halt heute mit.
00:30:57: Und sie fühlen sich dadurch natürlich provoziert bis zum Git nicht mehr.
00:31:02: Und diese Nepo-Kits sind eben die Nachkommen.
00:31:05: der Menschen, die für Nepotismus stehen, also für Bestechungen, für Korruption, die deine goldene Nase von Geburt an haben und die einfach zum Symbolbild der Gegnerschaft wurden, die alle Möglichkeiten haben, die den Wohlstand haben, die Familien gründen können, die Hochzeiten für hundert Millionen Dollar feiern, wie der Sohn des Reichsten Inders, der dann in London an Riesenfest veranstaltet hat.
00:31:30: All sowas sieht man im Internet auf Insta und sonstwo und sagt... Jetzt ist Feierabend.
00:31:36: Wir wollen auch ein bisschen was davon abhaben.
00:31:38: Wenn wir dann ein Land haben, was um vier, fünf, sechs Prozent jährlich wächst, dann muss doch was bei uns unten ankommt.
00:31:44: Und wenn nichts ankommt, dann werde ich irgendwann halt sehr, sehr sauer.
00:31:49: Und all diese Eliten sind sich auch einem sozusagen gemeinsamen Warnsymbol ausgesetzt.
00:31:55: Denn diese Proteste, die laufen ja buchstäblich unter.
00:31:59: Einer Flagge.
00:32:00: Ich hab sie hier noch mal.
00:32:02: Du hast sie bestimmt auch schon oft gesehen, Klaus.
00:32:05: Ja.
00:32:06: Die Strohhut-Piratenflagge ist es nämlich.
00:32:09: Also eine schwarze Flagge, auf der ein großer weißer Totenkopf grinst, der einen gelben Strohhut trägt.
00:32:17: Das Ganze ist schon ein bisschen markabel, das Bild, weil das auf der einen Seite wird es ein bisschen banalisiert, auf der anderen Seite ein Piratenflag, ein Totenkopf.
00:32:25: Ich würde sagen, trifft es dann schon etwas besser, denn wir haben in vielen Ländern bei diesen Protesten ungeheuert Opferzahn zu beklagen.
00:32:33: Dutzende Tote in Nepal, Tote in Indonesien.
00:32:38: Jetzt die ersten Toten in Marokko, aber vor allem in Nepal war das, sind schon sehr viele Leute ums Leben gekommen in den Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften oder durch brutales Vorgehen auch des Militärs hier und da.
00:32:49: Das ist alles sehr ernst.
00:32:50: Und sehr existenziell, ja.
00:32:52: Es
00:32:52: ist sehr ernst, es ist eine große Gefahr und wie gesagt, es führt hier und da bereits zu Umstürzen, Regierungswechsel.
00:33:00: Und ich würde sagen, ein bisschen Chaos.
00:33:02: Ja, und dass eben dieses gemeinsame Symbol eben in den verschiedenen Ländern verwendet wird, obwohl es eben kein gemeinsamer Protest ist.
00:33:12: Das sagt Protestforscherin Nina Kathrin Wienkob ist ganz, ganz typisch für solche Protestbewegungen.
00:33:18: Was
00:33:18: wir erkennen bei Jugendbewegungen oder auch Jugendprotesten, sind oft so popkulturelle, jugendkulturelle Elemente.
00:33:24: Das würde ich sagen, ist jetzt etwas, wo ich sagen würde, das ist sehr typisch.
00:33:29: Warum werden die genommen?
00:33:30: Die werden natürlich gerne genommen, weil sie eben bekannt sind.
00:33:33: Ja, die sind innerhalb von einer Generation oder von bestimmten Gruppen bekannt und in dem Fall auch transnational bekannt.
00:33:39: Dadurch lässt es sich jetzt auch, ich sag meinen Anführstrichen, einfach kopieren.
00:33:43: Ja, und auch diese Strohhut-Piratenflugge ist eben ein ganz, ganz bekanntes popkulturelles Element.
00:33:49: Das stammt aus einem Anime, also einer japanischen Comic-Reihe.
00:33:58: Das ist auch nicht irgendein Anime.
00:34:01: Das ist One Piece weltweit wahnsinnig erfolgreich.
00:34:05: Wirklich millionenfach verkaufte Manga-Bücher über hundert verschiedene.
00:34:11: Es gibt eine Anime-Serie.
00:34:13: Es gibt Filme dazu, das ist wirklich wahnsinnig bekannt.
00:34:18: Ich muss aber zugeben, das ist überhaupt nicht meine Welt.
00:34:20: Also für mich ist das absolutes Neuland.
00:34:22: Wie sieht es bei dir aus?
00:34:23: Ja, ich gebe zu, das gehört nicht zu meinen.
00:34:30: Also
00:34:30: keine ungeahnte Leidenschaft, die wir hier aufdecken.
00:34:33: Aber meine älteste Enkeltochter wusste genau, was das ist.
00:34:36: Das ist vielleicht dann auch tatsächlich so ein Generationending.
00:34:39: Und das ist auch nicht von ungefähr eben als Symbol dieser Bewegung auserkoren, weil diese Strohhut-Piraten, um die es eben geht, in One Piece, die rebellieren eben auch gegen eine autokratische Weltregierung in dieser Manga-Welt.
00:34:56: Und von daher ist das natürlich ganz ... bewusst gewählt als Zeichen der Rebellion gegen die Eliten.
00:35:01: Aber die Gefährlichkeit dieser Rebellion kommt, ich würde mal sagen, das hat ein spielerisches Element.
00:35:10: Das hat ein popkulturelles Element, es hat ein spielerisches Element, aber damit wird ein bisschen sozusagen verdrängt, welche existenzielle Gefahr in dieser Rebellion ist für ein Land, für die Menschen, die demonstrieren.
00:35:23: und zu welchen Weiterungen das haben kann.
00:35:26: Was ist Erfolg einer solchen Bewegung?
00:35:28: Der Regierungssturz, wir werden darauf noch kommen, ist das die Befreiung von einem autokratischen Herrscher?
00:35:35: Dann kommen wir in die Militärregion, Vulgo Militärdiktatur.
00:35:39: Ist das sozusagen jetzt viel besser, wenn man die eine Herrschaftskaste durch eine andere ablöst?
00:35:48: Schwierige Sache.
00:35:50: Was noch auffällig ist bei diesen Protesten, ist, dass es keine klassischen Anführer, keine großen Köpfe gibt dieser Bewegungen in den einzelnen Ländern.
00:36:00: Also es gibt mal natürlich prominente Figuren.
00:36:04: Also mir fällt da zum Beispiel ein junger Student aus Madagaskar ein.
00:36:09: Mikolo.
00:36:15: Er hat sich während der Proteste in Madagaskar vor die Sicherheitskräfte gestellt und wirklich in einem ganz langen Monolog von seinen Ängsten und seinen Forderungen sehr, sehr eindrücklich erzählt und da auch seinen emotionenfreien Lauf gelassen.
00:36:29: Dieses Video ist dann einfach... komplett viral gegangen, aber das ist natürlich kein klassischer Anführer.
00:36:36: Es gibt keine großen Köpfe dieser Bewegung.
00:36:39: und da könnte man natürlich sagen, ist es vielleicht sogar ein Vorteil dieser Proteste, dass es eben keinen klassischen Anführer gibt.
00:36:48: Wenn ich einen Kopf einer Bewegung habe, dann ist natürlich relativ einfach für ein Regime, den auszuschalten.
00:36:54: Wir sehen das in Ladak, dass sie in der Halt den dortigen Protestführer Seit ein paar Wochen ins Gefängnis sperren, so was kann ich dann machen, dann kann ich so eine Bewegung enthaupten.
00:37:04: Das ist mit dieser Bewegung, die so vielfältig ist, deutlich schwieriger.
00:37:08: Ich kann mir vorstellen, eine Bewegung, die so vielfältig ist, die sich wie an Fisch im Wasser bewegt, die untereinander vernetzt ist, blitzschnell agiert, die ist viel schwerer zu fassen als die eine Person, hinter der alle marschieren.
00:37:21: und wenn ich die rausnehme aus diesem... Spiel sage ich jetzt mal etwas zynisch, dann bricht diese Bewegung zusammen, weil es keinen Führer mehr gibt.
00:37:28: Ja, und Nina Katrin Wienkopp, die sieht das ein bisschen anders, denn sie sagt, wenn ein prominentes Gesicht aus dem Spiel genommen wird, wie Christophs gerade genannt hat, dann kann das die Proteste unter Umständen sogar erst so richtig anfachen.
00:37:42: Zeitgleich muss man sagen, wenn die dann verhaftet werden.
00:37:45: ist das oft eine sehr starke politische Gelegenheit, noch mal viel stärker zu mobilisieren.
00:37:49: Also dann gibt es auch manchmal diesen Radikalisierungs- oder auch Mobilisierungseffekt.
00:37:52: Das heißt auch für ein autoritäres Regime, was vielleicht grundsätzlich bereit wäre, die Anführerinnen oder auch die Gallionsfiguren, würde ich es eher nennen, einer sozialen Bewegung vielleicht festzunehmen, dass das nicht immer ratsam ist als Strategie, um eine Bewegung zu demobilisieren.
00:38:09: Es kann wirklich zum genauen... Gegenteil passiert.
00:38:13: Deshalb lässt sich das wirklich nicht einfach sagen, ob das eine irgendwie besser oder schlechter als das andere
00:38:17: ist.
00:38:17: Was sagst du dazu?
00:38:18: Wie schätzt du das an?
00:38:19: Ja, das hat sozusagen eine feste Führungsstruktur, hat vor und nach Teile.
00:38:25: Mir würde dazu, zu dem was die Kollegen gesagt haben, nur einfangen, dass möglicherweise ein Regime zu einem gewissen Zeitpunkt auch bereit ist, mit der Protestbewegung zu sprechen.
00:38:34: versuchen sie zu pacifizieren, zu versuchen sie einzudämmen.
00:38:38: Und da braucht man natürlich jemanden, mit dem man sprechen kann, mit dem man verhandeln kann.
00:38:42: Mit einer Amorphen-Protestbewegung kann man kaum verhandeln.
00:38:47: Was dann bleibt, ist in der Regel nur die harte Repression.
00:38:52: Du hattest es gerade schon angesprochen und auch ich möchte an der Stelle nochmal ganz deutlich sagen, bei diesen Protesten gab es wirklich massiven Gegenwind.
00:39:01: Es gibt viele Tote zu beklagen in verschiedenen Ländern.
00:39:04: Die Proteste werden zum Teil wirklich versucht auf brutalster Art und Weise niedergeschlagen zu werden.
00:39:11: Aber genau dieses Element, was eben, wir haben schon viel darüber gesprochen, eben auch im Internet ausgetragen wird.
00:39:19: Es gibt hunderte TikTok-Videos, Fotos, Videos auf Instagram eben von den Protesten und auch von ja den Versuchen diese Proteste niederzuschlagen.
00:39:29: Das nutzen natürlich die Proteste wiederum genau für sich selbst.
00:39:49: Maßnahmen dokumentieren.
00:39:50: Nicht immer natürlich.
00:39:51: Es wird einem vielleicht das Handy weggenommen und so weiter.
00:39:53: Es gibt natürlich viele Situationen, wo einem das nicht so ermöglicht wird.
00:39:56: Und natürlich auch so etwas wie, wo kann ich das hochladen?
00:39:59: Gibt genug autoritäre Regime, die ja auch das Internet sehr, sehr stark einschränken oder auch nur gewisse Programme zu lassen.
00:40:04: Also es ist trotzdem beschränkt.
00:40:06: Nächstes so trotz, großer Unterschied.
00:40:08: Ganz klar, ich kann selber Medienarbeit betregen.
00:40:11: Ich kann selber Bilder verbreiten.
00:40:12: Ich kann selber aus dem Geschehen sprechen.
00:40:14: Das ist ein so... entscheidende Unterschied.
00:40:17: Und das führt natürlich dazu, dass wir ganz andere Bilder auch sehen und erleben und mitbekommen.
00:40:23: Was wir aber trotzdem sehen, und das finde ich auch ganz wichtig, so wahrzunehmen, das ist eben trotzdem kein, ich sag mal, reiner Click-Protest oder reiner Internet-Protest.
00:40:31: Es gibt ja diese ganzen Begriffe, die da dann schnell florieren.
00:40:33: Das sehen wir eben nicht.
00:40:35: Wir sehen einen ganz klassischen Straßenprotest und der spielt weiter in eine sehr große Rolle, gerade wenn es darum geht, ja, politische Forderungen durchzusetzen.
00:40:43: Und das ist auch wichtig, glaube ich, wahrzunehmen, dass sich das verknüpft.
00:40:46: Es ist kein Entweder- oder es ist kein Online- oder Offline-Protest, sondern es ist etwas, wo verschiedene Strategien genutzt werden.
00:40:52: Und ganz klar aber auch, das haben wir zum Beispiel in unserer Studie da auch festgestellt, junge Menschen schreiben dem Straßenprotest eine große Rolle bei, gerade wenn es darum geht, Gehör zu bekommen.
00:41:01: Als Unterschied zur Mobilisierung.
00:41:02: Eigentlich interessant, oder?
00:41:04: Dass der klassische Straßenprotester immer noch so eine bedeutende Rolle spielt.
00:41:08: Ja sicher, weil das die Sichtbarkeit und die Größe des Widerstands dokumentiert.
00:41:15: Die Manifestation auf der Straße ist die die physische und sichtbar Herausforderung des Regimes.
00:41:20: Aber übrigens, ich würde gerne nochmal sagen, klassischer Straßenprotest, ja, was war der?
00:41:26: ein Auslöser der Proteste in Nepal?
00:41:29: Neben Korruption und den ganzen Dingen, die sozusagen eher strukturellen Motiven, das war die Internetsperre.
00:41:35: Also das Medium über das, mit dem junge Leute kommunizieren im privaten, im schulischen, im beruflichen Alltag, das wurde gesperrt.
00:41:47: Die Verfügbarkeit von Bildern, von Informationen, quasi aus dem planetarischen Raum wurde gesperrt und da haben sie gesagt, so nicht Freunde.
00:41:56: Trotzdem stellt man sich ja so ein bisschen die Frage, warum eigentlich ausgerechnet jetzt diese Proteste aufpoppen?
00:42:03: Weil man muss ja sagen, die Probleme, die in diesen Ländern vorherrschen, die gibt es seit ganz, ganz vielen Jahren schon.
00:42:10: Und auch das Internet und die Möglichkeiten des Internets haben wir jetzt auch schon, ja, mindestens zehn Jahre in dieser Form zur Verfügung.
00:42:18: Warum ausgerechnet jetzt?
00:42:19: Hast du da eine Erklärung dafür?
00:42:21: Nein.
00:42:22: Könnte mir das so vorstellen, dass jenseits der spezifischen Kipppunkte dies in Ländern gibt.
00:42:26: Die Gleichzeitigkeit könnte dadurch erklärt werden, dass man sagt, dass die Welt politisch, geopolitisch, ökonomisch, technologisch, umweltpolitisch in einem dramatischen Wandel steht.
00:42:42: Und das passiert alles zur gleichen Zeit.
00:42:44: Ja, da überlagern sich, glaube ich, gerade ganz, ganz viele Probleme.
00:42:47: Und verstärken sich gegenseitig.
00:42:48: Verstärken
00:42:49: sich gegenseitig.
00:42:50: Und auch die Protestforscherin hat eben gesagt, die Motivation für diese Proteste ist einfach ganz klar die Zukunftsperspektive.
00:42:58: Wir können uns, glaube ich, alle selbst noch mal daran erinnern, wie es so war in der eigenen Jugend.
00:43:02: Wie schaue ich in die Zukunft?
00:43:03: Und da muss ich sagen, sehen wir auch schon in Deutschland und das sehen wir aber auch in weltweiten Jugendstudien.
00:43:09: dass da tatsächlich sich was wirklich stark verändert hat, nämlich eine wirklich sehr pessimistische Sicht in die Zukunft, die mich auch wirklich tatsächlich menschlich immer wieder sehr berührt.
00:43:19: Weil wenn ich mir das so vorstelle, als junger Mensch so ein dieses Gefühl zu haben, die Wahrscheinlichkeit, dass es immer schlimmer und schlechter wird, immer ungleicher, immer weniger repräsentativ und so weiter, das stelle ich mir auch wirklich sehr belastend vor.
00:43:30: Von der politischen Gelegenheit, also vom Momentum her, ist das natürlich auch weltweit ein Moment.
00:43:35: der sehr, würden wir hier in Deutschland genau so beschreiben, sehr belastend wirkt.
00:43:39: Also die Zukunftsperspektive, wir sehen, es werden immer autoritärere Staaten, lang gefestigte Demokratien entwickeln sich undemokratischer, also das sehen wir in allen auch Demokratie-Indizes, oder auch Sozialungleichheiten werden stärker, überall weltweit, hier in Deutschland auch ganz klar, sehr, sehr stark auch.
00:43:55: Und das treibt das natürlich alles voran.
00:43:59: Ja, so, das macht mich ehrlich gesagt schon ganz schön nachdenklich, Klaus.
00:44:03: Ist es vielleicht tatsächlich so, dass die Gen Z die erste Generation seit Langem ist,
00:44:09: die
00:44:10: nicht mehr glaubt, dass die Zukunft besser ist als die Vergangenheit?
00:44:13: Also gehen wir mal zurück wieder in meine Vergangenheit.
00:44:17: Da war das Thema Atomkrieg ja noch eine große Rolle und dann hieß es ja, das ist ganz furchtbar.
00:44:23: Die Atomare Bedrohung ist groß und das hat man versucht zu rationalisieren, warum.
00:44:28: Leute sagten, wir wollen keine Kinder mehr haben, das können wir nicht in diese Welt setzen, die dann vom Untergang, vom Armageddon bedroht ist.
00:44:35: Ich würde sagen, meine Eltern hatten eine viel düstere Zukunft gehabt als meine Kinder.
00:44:42: Was war ist?
00:44:44: Was war ist?
00:44:45: Dann sprechen wir jetzt mal für die sogenannten fortgeschrittenen Postindustrie-Länder, dass die Zeit des Aufbaus, das Industriezeitalters, in dem viele Leute sich aus Armut haben befreien können, was vielleicht in der Form nur noch für China gilt und und partiell für Indien heute.
00:45:04: Aber das war natürlich eine ganz andere Aufbruchsstimmung nach, man hat die furchtbaren Jahre des Krieges hinter sich, Zerstörungen überwunden und dann haben viele Leute gerade in der unteren Mittelschicht, in der Mittelschicht, was die Amerikaner nennen, das Blue-Color, in den Blue-Colorschichten, es zu beachtlichen Wohlstand am guten Auskommen gebracht.
00:45:28: Und das ist vorbei.
00:45:30: Fragile Demokratien, Institutionen erodieren, die großen Gefahren durch den Klimawandel, die kommen ja, das ist ja nicht wegzuleuchtet, kann auch ein amerikanischer Präsident sagen, was er will.
00:45:39: Wir sehen ja schon, das sind wirklich massive Probleme.
00:45:43: Das erklärt vielleicht auch, warum die Forderungen dieser Proteste ebenso massiv ist.
00:45:49: Also da wird ja eigentlich in allen Ländern ein wirklich umfassender politischer Wandel eingefordert von der jungen Generation.
00:45:57: Christoph sieht genau in der Größe dieser Forderungen auch ein Problem.
00:46:02: Ich glaube zum einen, dass die Demonstranten im Augenblick gar nicht klare Ziele wirklich haben.
00:46:08: Ich kann ein direktes Ziel natürlich formulieren, Abtritt des Ministerpräsidenten, Rückzug der Polizei.
00:46:13: Das kann ich tun und das wird dann auch zu Teilen erfüllt.
00:46:17: Aber das ist ja nicht der Auslöser.
00:46:18: Der Auslöser sind die Lebensbedingungen und die Zukunftsschancen dieser jungen Menschen, die sie nicht erkennen, weil sie sie auch nicht haben.
00:46:25: Sie haben ja recht, die gibt es nicht.
00:46:28: Auf der anderen Seite werden sie verführt, gerade übers Internet, mit einer Glitzerwelt, die sie und auch ihren Kinder niemals werden erreichen können.
00:46:36: Und diese Diskrepanz ist riesig.
00:46:38: Und damit hat sich noch niemand so richtig auseinandergesetzt.
00:46:41: Und um die Sache... deutlich zu verkomplizieren, dann haben wir ja auch noch ein Thema wie die moderne Industrie, Industrie Fiernull KI, wo Fabriken entstehen mit weniger Arbeitsplätzen und das sind natürlich Zum einen die Arbeitsplätze, so wie wir es jetzt erahnen können, im mittleren Bereich, wo die Jugendlichen, die gut ausgebildet sind, darauf spekuliert haben.
00:47:03: Und zum anderen können es die ganz einfachen Fertigungsprozesse sein, die machinisiert werden.
00:47:08: Und in beiden Fällen fallen nochmal, wenn es denn so kommt, viele Millionen Arbeitsplätze und damit Chancen weg.
00:47:16: Also sind wir an einem Punkt, das auch in Asien über Thema da wie Bedingungsloses Grundeinkommen geredet werden muss, den diese Menschen müssen in irgendeiner Form überleben können.
00:47:26: Denn was die Jugendlichen im Augenblick auf die Straße treibt, ist die Hoffnung, ein bisschen was für sich ändern zu können.
00:47:33: Was manche vielleicht noch gar nicht sehen ist, wie groß die Herausforderungen, die dahinter liegen, wirklich sind.
00:47:39: Und es ist ja auch die Frage, ob jetzt die jeweiligen Verantwortlichen in den Ländern sich eigentlich diesen Herausforderungen bewusst sind, oder?
00:47:47: Es gibt Kampf.
00:47:48: Es ist Kampf um Status quo.
00:47:49: Es ist der Kampf um die Freunde.
00:47:53: Im Grunde braucht, wie Christoph gesagt hat, einen Plan des politischen Wandels, des sozialen Ausgleichs.
00:48:00: Und das geht nur langfristig auch.
00:48:01: Ich bin immer erinnernd daran, dass diese Länder auch alle starke Institutionen brauchten.
00:48:07: Und es langt eben nicht nur ein Ministerpräsidenten auszutauschen, ein anderer Figur hinzusetzen, der vielleicht aus dem gleichen politisch-sozialkulturell Milieu kommt.
00:48:14: Das ist ein neues Gesicht.
00:48:15: Das wird das alles nicht eindämmen.
00:48:19: Nicht nur die Erwartungshaltung korrigieren der jungen Leute, der protestieren, dann auch die Wut nicht eindämmen kann.
00:48:26: Sozialer Ausgleich lässt sich nicht über Nacht schaffen.
00:48:28: Erletenaustausch bringt partiell nur etwas.
00:48:32: Das haben wir auch beim arabischen Frühling gelernt.
00:48:35: Da wird die eine Militärdiktatur von der anderen abgelöst, ein Regierungswechsel oder ein partieller Austausch.
00:48:42: In Madagaskar gibt es jetzt, würde man jetzt sagen, eine Militär runter.
00:48:46: kommen diese Länder dadurch auf Vordermann, ich weiß es nicht, erfüllen sie die Hoffnung der jungen Leute im Zweifel nicht, Frustation steigt, Repression wird bleiben.
00:48:59: Deswegen ist auch die Frage nach, was ist der Erfolg eines solchen Protest an die schwierige zu Beantworten?
00:49:06: Aber natürlich eigentlich der Kern unseres Gesprächs auch heute
00:49:09: letztlich.
00:49:09: Der Kern, aber den Ministerpräsidenten in Nepal auszutauschen, wird es nicht richten.
00:49:16: nicht die Lebensperspektiven der Kinder dieser Demonstranten in irgendeiner Form berühren.
00:49:23: Ja, also es ist ja tatsächlich die Frage, wir haben es hier mit Regierungsstürzen zu tun.
00:49:28: In Nepal, du hast es gerade gesagt, in Madagaskar ganz aktuell, in Bangladesh, auch in Peru musste sich die Präsidentin zumindest zurückziehen, das sind ja ofthin.
00:49:36: ersten Blick, erst mal natürlich große Erfolge dieser Jugendproteste.
00:49:40: Aber was folgt eigentlich auf diesen Umsturz?
00:49:42: Und auch Christoph macht sich da relativ wenig Illusionen, was den Effekt angeht, wenn eben eine Regierung sich zurückzieht oder gestürzt wird.
00:49:51: Oder zum Beispiel auch die Nippo-Kids.
00:49:54: Wir haben vorhin viel schon drüber gesprochen, eben nicht mehr plötzlich ihren Reichtum öffentlich zu schaustellen.
00:49:59: Was ändert sich eigentlich?
00:50:00: Ich
00:50:00: glaube ehrlich gesagt, das ist oft Masquerade.
00:50:03: Was dann bedeutete, dass man ... zwar die Kids im Augenblick beruhigt auf der Straße, ihnen aber am Ende des Tages was vormacht.
00:50:11: Denn das, was da gefordert wird, das sind natürlich tiefgreifende Strukturänderungen, die notwendig sind.
00:50:17: Wir sprechen hier über zu hohe Inflationsraten, über keine Chancen, das heißt ein viel besseres Ausbildungssystem.
00:50:23: Wir sprechen über drastische Arbeitslosigkeit, über Jobs ohne Vertrag, ohne Rente, ohne Zukunft.
00:50:30: All dieses wird ein neuer Premierminister, der einen Alten, der aus dem Land getrieben wurde, ersetzen muss, auch nicht lösen können.
00:50:37: Und wir sehen in Bangladesch, wie schwierig die Verhältnisse dann werden.
00:50:41: Dort ist es nach dem erzwungenen Wechsel der Regierung, nach dem Abtreten der einen.
00:50:46: Partei, die genauso korrupt war wie die andere, ist es jetzt eine islamische Gruppe, die dort mit hoher Wahrscheinlichkeit die heraufziehende Wahl gewinnen wird.
00:50:57: Was dann passiert, wissen wir natürlich überhaupt nicht.
00:50:59: Aber worauf ich hinaus will, ist, dass ein Sieg dieser Bewegung und definiert ist.
00:51:05: Wie sollte er denn aussehen?
00:51:06: Wie würden wir sagen, wann würden wir sagen, jetzt haben die Jugendlichen gewonnen.
00:51:11: Dass es aber natürlich zurücktreten kommt, ob die Reichen die Systeme zu ändern, unter denen diese Jugendlichen leiden und gegen die die vorpreschen, das wage ich doch mal ernsthaft zu bezweifeln.
00:51:21: Also kann man glaube ich ein großes Fragezeichen dahinter setzen, wie langfristig diese direkten politischen Erfolge sind.
00:51:28: Aber Klaus, ich hatte natürlich auch mit der Protestforscherin darüber gesprochen, welche ja längerfristigen Erfolge dieser Proteste, sie sieht vielleicht auch ganz unabhängig von diesen direkt greifbaren politischen Veränderungen.
00:51:43: Was wir sehen in der Forschung ist, die ersten Protesterfahrungen oder auch Engagementerfahrungen, das kann auch in einem Verein oder einem Verband sein, prägen, wie ich mich später in die Gesellschaft einbringe.
00:51:53: Wenn ich erlebe, ich kann hier kollektive Handlungsmacht entfalten, ich kann selbst wirksam sein, ich kann was bewegen, ja?
00:51:59: Und das kann auch schon durch die Mobilisierung reichen.
00:52:01: Das muss nicht den weitlaufigenen Effekt haben, ob jetzt meine Forderung durchkommt.
00:52:05: Aber dieses Gefühl von, ich kann so viele Menschen auf die Straße bringen, wir können gemeinsam.
00:52:09: Das kann dazu führen, dass ich später auch bereit bin, gesellschaftspolitische Position einzunehmen, mich einzubringen, vielleicht in eine Partei zu gehen, engagiert zu sein und so weiter.
00:52:18: Das Gegenteil aber auch.
00:52:19: Wenn ich erlebe, es bringt alles nichts, ich erlebe einen starken autoritären Staat, kann das auch zu einer starken Demobilisierung führen.
00:52:27: Deswegen wird es entscheidend sein, was die Jungen jetzt erleben.
00:52:31: Nina Katrin Wienkob sagt, dass allein die Mobilisierung zu diesem Protest schon ein Riesenerfolg in den Ländern ist, in denen ja die Freiheitsrechte so stark beschränkt sind.
00:52:43: Und dass da eben gerade eine ganze Generation lernt, wie man sich zum Protest organisiert.
00:52:48: Und dass er auch tatsächlich spürbare Folgen haben kann.
00:52:52: und eben allein dieser Gedanke, der in dieser Generation sich jetzt möglicherweise verfestigt, das ist der Erfolg, sagt sie, und dass das auch etwas ist, was nicht so leicht wieder niedergeschlagen werden kann.
00:53:05: Also das Austreten, Heraustreten aus der Phase der Passivität, des Duldens, des Hindehmens, des Ertragens, des Erleidens.
00:53:14: Jetzt in eine aktive Form des Protest ist natürlich etwas für die Einzelperson fast etwas Revolutionäres.
00:53:21: Erfordert Mut, erfordert Leidenschaft, Engagement und so weiter.
00:53:24: Leidenschaften kühlen gelegentlich auch wieder ab.
00:53:26: Wenn der Auslöser ein bisschen in den Hintergrund tritt, das wissen wir.
00:53:30: Ich denke schon, wenn Das Erfolg hat und Erfolg braucht eine solche Bewegung.
00:53:34: Und selbst wenn wir pessimistisch sind in der Beurteilung der langfristigen Konsequenzen, also wie tiefgreifend ist,
00:53:42: ist das, was
00:53:44: wie der Wandel ist.
00:53:45: Man wusste natürlich an Brauch ein paar Symbole.
00:53:48: Manchmal hilft das schon, den Unmut aus Sicht der Herrschenden zu dämpfen.
00:53:52: Manchmal reicht das eben nicht und es kommt und das explodiert immer und immer weiter.
00:53:56: Dass dieser Protest eben größeren Impact haben kann, als viele vielleicht gedacht hätten.
00:54:02: Das sieht man in vielen verschiedenen Ländern
00:54:05: gerade.
00:54:07: Was mich auch zu der Frage bringt, wie geht das Ganze eigentlich weiter?
00:54:10: Also einige Beobachter gehen ja davon aus, dass sich diese Proteste auch noch auf viele andere Länder weiter ausbreiten könnte, die eben ähnliche Voraussetzungen haben, wie die Länder, in denen wir diese Proteste gerade schon
00:54:25: Überalterte Führung, autokratisches System, hohe Inflationsrate, hohe Jugendarbeitslosigkeit und dann vorher sagen, da könnte demnächst was passieren.
00:54:36: So weit würde ich nicht gehen, denn es kommt natürlich eine Vielzahl an Merkmalen da zusammen, die wir vielleicht auch nicht in jedem Fall beachten können.
00:54:43: Aber es ist schon auffällig, dass sich vieles überdeckt und es gibt eben Stimmen aus diesen Ländern heraus.
00:54:49: Die Vorhersagen, das wird noch um die ganze Welt gehen, wie ein Lauffeuer.
00:54:54: Ich bin da sehr vorsichtig, ich würde keine Prognose wagen.
00:54:57: Aber mir fallen auch schon noch einige Länder ein, wo ähnliche Voraussetzungen sind und dann muss man gucken, was passiert.
00:55:03: Bangladesh beispielsweise, den Umsturz der Dachstadt gefunden hat, hat man in dieser Schärfe nicht erwartet.
00:55:10: Und den Arabischen Frühling, zwanzig elf, hat auch niemand vorher gesehen.
00:55:15: Ja, Christoph spricht da gerade auch noch mal den Arabischen Frühling an.
00:55:19: Einige sprechen ja jetzt bei den ganz aktuellen Protesten schon von einem asiatischen Frühling.
00:55:25: Wie siehst du das, Klaus?
00:55:26: Ist das voreilig oder überzogen, von einem asiatischen Frühling zu sprechen?
00:55:32: Ja,
00:55:33: der Arabische Frühling ist vielfach in einem Winter des Feuersprunst übergegangen.
00:55:38: Also da war die Invektung ja nicht so glücklich, damit man alles in allem sei.
00:55:42: keine positive Besetze von einem asiatischen Frühling zu sprechen.
00:55:46: Ja,
00:55:47: würde man sich sagen, was Christoph richtig analysiert, ist diese, finde ich, ist diese die Beschreibung, wo es einen prekären Problem Cocktail gibt.
00:56:00: Dann ist die Vermutung, dass dort sich Explosionen ereignen, kurzelang glaube ich berechtigt.
00:56:09: Aber wir haben natürlich keine Glaskugel hier.
00:56:12: Keiner weiß, wo es noch zu solchen Protesten kommt.
00:56:14: Aber mal ganz unabhängig davon, ob dann wirklich so eine Protestwelle auf andere Länder noch überspringt.
00:56:19: Wenn wir mal noch die Perspektive wechseln weg von den Protesten hin zu den Verantwortlichen in den Staaten, in denen eben genau diese Voraussetzungen herrschen.
00:56:29: Auch die werden sich das ja gerade ganz genau anschauen, was eben in anderen Ländern passiert.
00:56:35: Und das ist eben auch ein möglicher... langfristiger Effekt dieser Proteste, der gar nicht so ganz klar messbar
00:56:42: ist?
00:56:42: Das, was wir mitbekommen, bekommen ja auch diejenigen mit, die an der Macht sind, auch in anderen Staaten.
00:56:47: Das heißt, wir werden wahrscheinlich auch sehen, wie vielleicht die ein oder anderen semi bis autoritär regierten Staaten, Staatspräsidenten, Regierung, jetzt ganz bewusst entscheiden, zum Beispiel auch Räume zu schließen.
00:57:02: Oder schon davor vorzusorgen, dass es diese technischen Möglichkeiten nicht gibt, dass es räumliche Möglichkeiten nicht gibt.
00:57:09: Oder aber, positiv gesprochen, wieder ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass sie vielleicht auch Reformen jetzt schon ansetzen oder versprechen oder durchführen, die quasi einer Mobilisierung entgegenwirken.
00:57:19: Und die wir wahrscheinlich als Effekt von diesem Bewegung nie diskutieren werden, weil wir es gar nicht mitbekommen, die aber in Effekt sind.
00:57:26: Und das finde ich zum Beispiel auch etwas, was sehr spannend ist, also was auch gut sein könnte, dass es jetzt Reformen gibt, die vielleicht nicht, oder die sehr wahrscheinlich nicht grundlegend sind, das Regime nicht verändern oder transformieren, die aber vielleicht vorauseilend schon mal von Regierung kommen, damit es diese Art von Mobilisierung und diese Art von Druck nicht gibt.
00:57:45: Das könnte zum Beispiel sein neues Korruptionsgesetz.
00:57:47: Es könnte vielleicht sein eine neue Antikorruptionsbekämpfung.
00:57:50: Es könnte sein, dass vielleicht für gewisse soziale Milieus neue Möglichkeiten geschaffen werden.
00:57:55: Es könnte sein, dass es vielleicht neue Jugendarbeitslosigkeitsprogramme gibt.
00:57:58: So etwas werden wir gar nicht mitbekommen, weil wir gar nicht in diese verschiedenen Staaten reinschauen.
00:58:02: Aber das wäre etwas, was ich erwarten würde.
00:58:06: Klaus, gehst du da so hoffnungsvoll mit?
00:58:09: Ja, ich ... hoffnungsvoll.
00:58:12: Das wäre schön, jedenfalls, wenn ... Die Nachbarländer, die ja ähnliche Probleme haben, da braucht man sich gar nix vorzumachen, sagen auch, wir werden uns jetzt mal ein Reformprogramm geben und dann das ja im Grunde heißt Demokratisierung, breite Demokratisierung, Investitionen massiv in soziale Infrastruktur im weitesten Sinne, partielle eigene Entmachtung und da politische eigene Entmachtung damit.
00:58:41: Partiell vielleicht auch andere vorgehensweisende Sicherheitsbehörden.
00:58:45: Und da fange ich dann an, Zweifel zu
00:58:47: bekommen.
00:58:49: Ohne Zweifel kann man aber sagen, wenn wir auf all diese Proteste schauen jetzt zum Ende der Sendung, dass die Gen Z, die Generation Z ja offenbar schlagkräftiger ist, als ganz viele gedacht haben und als vielleicht auch viele Regierungen gedacht
00:59:04: haben.
00:59:05: Was mich überrascht hat, ist, dass die Führenden, die Autokraten, die diese jungen Menschen angehen, dass die teilweise so schnell eingeknickt sind.
00:59:18: Was mir zeigt, dass ihre Regime, die durchaus ausbeuterisch sind, teilweise auf sehr, sehr töneren Füßen stehen.
00:59:27: Und wenn ich das sehe, dann sehen das die Betroffenen, die jungen Menschen natürlich viel klarer.
00:59:31: Und ich glaube, das ist etwas, wo sich noch nicht alle Regierungen, die hier angegangen werden, ihre Gedanken drüber gemacht haben, dass natürlich die Vorbildfunktion von gewissen Umstürzen auf einigen Ebenen in Nepal, in Madagaskar, in anderen Ländern, Bangladesch
00:59:50: etc.,
00:59:51: dass das die Groß ist, wenn da Erfolg herrscht.
00:59:55: dann werden andere Seilene, die haben es hingekriegt, das kriegen wir doch auch hin.
00:59:58: Und wir sehen an Kenia, dass das eben doch nicht so einfach ist, dass Regime auch sehr repressiv sein können.
01:00:03: Wir sehen an Marokko, dass man dann so eine Hand reicht und sagt, das wird schon, wir machen das jetzt zusammen und da habt ihr auch recht in Teilen.
01:00:10: Und da muss man mal gucken, ob dieses erste drauf zugehen, den wirklich für die Eranwachsenden spürbare Folgen hat.
01:00:19: Und da bin ich skeptisch.
01:00:21: nochmal gesagt, diese Folgen wirklich erlebbar zu machen.
01:00:26: Das ist eine Aufgabe, wo sich viele Ökonomen viele Jahrzehnte darüber streiten können, wie man das denn hinbekommt.
01:00:33: Autoritäre Regime, auch das haben wir eben im marabischen Frühling gelernt, stehen oft in der Tat auf Tönern und Füßen, sind im Kern fragil, weil sie uns auf Angst und Einschöchterung beruhen.
01:00:45: Und darum scheint mir es insgesamt zu gehen, dass man Rechtsstaatlichkeit stärkt, dass man Institutionen stärkt, die dann in ein demokratisches Gemeinwesen übergeführt werden oder dieses dann definieren und von daraus sich dann Lebensperspektiven, gute Perspektiven für die mehr der Bevölkerung
01:01:05: ergibt.
01:01:06: Wäre zu hoffen für all diese Länder und bleibt natürlich abzuwarten.
01:01:12: Ja,
01:01:13: so kommt es offen.
01:01:14: Vielen Dank, Klaus.
01:01:16: Was nicht offen ist, ist, dass wir am Ende dieser Sendung angekommen sind.
01:01:19: Ich sage ganz herzlichen Dank
01:01:20: für
01:01:21: deine Einschätzungen, deine Zeit heute.
01:01:24: Ich danke dir für dieses interessante Gespräch.
01:01:27: Ja und für alle, die sich jetzt nochmal ganz genau informieren möchten über das ein oder andere Land, in das wir heute in der Sendung natürlich nicht ganz so tief eintauchen konnten, weil wir uns ja die Gen-Z-Proteste als großes Phänomen angeschaut haben, da habe ich in die Show Notes nochmal einige sehr lesenswerte Artikel gepackt.
01:01:46: Ja und dann würde mich natürlich zum Ende der Sendung noch eins besonders interessieren.
01:01:52: Mit welchen Gedanken Sie denn auf diese Proteste blicken, liebe Hörerinnen und Hörer?
01:01:57: Ist das für Sie überraschend oder tatsächlich eine logische Konsequenz dieser Tage?
01:02:03: Schreiben Sie uns gerne an podcastatfaz.de und ich sage vielen Dank an Lili Belewski, Lena Barocsi und Michael Götz für die Mitarbeit an dieser Folge.
01:02:14: und Ganz zum Schluss noch einmal der Hinweis auf unser wöchentliches Briefing FAZ Pro-Weltwirtschaft von Christoph Hein, den wir heute ausführlich gehört haben und seinem Team immer Donnerstags erscheint.
01:02:26: Dieses Briefing, die spannendsten geoökonomischen Themen werden dafür sie zusammengetragen.
01:02:31: Den Link dazu finden Sie auch in den Show-Notes.
01:02:34: Ja, vielen Dank fürs Zuhören.
01:02:36: Machen Sie's gut.
01:02:37: Bis bald.
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